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Mittwoch, 15. November 2017

Das geschundene Dorf

Der Ton wird weltweit rauer, nicht nur innenpolitisch. Die Menschen, die Völker und ihre Lenker wollen nicht mehr miteinander, entflechten sich.

Die Beziehungen werden abgebrochen, die Brücken zum Einsturz gebracht, genauso wie die Illusion, die Menschen, die Völker und ihre Lenker könnten miteinander, zerbricht, in sich zusammenfällt, zusammen mit dem Teppich, der einst ausgelegt, das Geflecht, das weltumspannende Netz, das von Globalisierungsfreunden vor langer Zeit ausgeworfen wurde, das sich nun mehr und mehr zurückzieht, ausfranst, zerfleddert, angezündet wird, weil der Rückhalt in der Bevölkerung für ihr Konzept Tag um Tag mehr und mehr schwindet.

Wird doch immer klarer, auch immer mehr gut meinenden Gutmenschen, die - wohl großteils aufgrund schlechten Gewissens - all die Jahre einer Logik der globalen Umverteilung folgend, den Reichtum des Westens in den Rest der Welt trugen und dabei (vielleicht bewusst) übersahen, dass sie sich dort in jenen Ländern nur eine kleine Elite züchteten, die ihnen als Statthalter dient, sowie dass sie somit als Gutmenschen großteils unwissentlich, also instrumentalisierterweise, nur den Weg bereiteten, nur der Zuckerguss, das Feigenblatt waren, für "die anderen Globalisierungsfreunde", die im Hintergrund agier(t)en. Sie waren nur die idealistische Vorhut von Konzernen. So entging ihnen als grüne Speerspitze der Globalisierung, dass die Globalisierung die längste Zeit immer nur den Konzernen gedient hat, auf die sie hereinfielen, Konzerne, die im Schlepptau der allzu schöngeistigen "Rainbow-Warriors" als Heuschrecken kamen, über das globale Dorf hereinfielen, wie Räuber einfielen und es auch jetzt tun, nachdem sie all die Jahre abgewandert waren, zu Dumpingpreisen - nicht nur aber vor allem - in China unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren ließen und die Produkte zu Höchstpreisen im Westen verkauften.

Das Resultat daraus kennen viele von uns: Von den Eliten in diesen vielen Ländern abgesehen, zieht das heutige durch diese Praxis erstarkte und erwachte China - und dort auch lange nicht alle - wie ein riesiger Magnet alles Geld der Welt an sich, erinnernd an einen übergroßen unersättlichen Schlund, der alles Kapital verschlingt.

So ist die Welt zum Dorf geworden, das wegen der Entgrenzung, wegen des politisch gewollten Wegfallens der Grenzen, des freien Markts, ohne auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen zur leichten Beute wurde, zur Beute von Konzernen, die früher, bloß unter anderem Namen und viel kleiner, die Welt schon immer zu schinden und auszubeuten wussten, nur eben weniger vernetzt, und es nun mal die letzten Jahrzehnte im Zuge der Globalisierung, des scheinbar perfekten Zusammenwachsens der Völker zum globalen Dorf, besonders leicht hatten, weil es teils "gutmeinenden" Politikern nicht gelang die Akkumulation des Kapitals in jene Konzernhäfen zu stoppen, der schamlosen Bereicherung der Konzerne auf dem Rücken von Mensch und Natur, in welchen schutzlos ausgelieferten Gebieten nun auch immer, Einhalt zu gebieten, also die Konzerne in die Schranken zu weisen, die nicht viel mehr als Verwüstung mit sich brachten.

Es scheint nun in vielen Ländern der Lack ab zu sein, sodass die Menschen ihren Politikern nicht mehr über den Weg trauen, die großteils tatenlos zusahen, zusehen oder gar selbst Nehmerqualitäten bewiesen und auch heute noch beweisen, fürstlich dafür bezahlt werden, dass sie wegschauen, sich nicht einmischen und bloß gebetsmühlenartig sagen, man dürfe den Markt nicht beunruhigen, die Gesetze des Marktes nicht stören, nicht verschrecken, wie ein Wild - verschleiernd, dass die Gesetze des Marktes bloß die Gesetze des Tierreichs sind, das Gesetz der Straße, das Gesetz des Stärkeren, das Naturrecht; aber vielleicht ist das ja manchen genauso recht. Und zur Empörung jener Politiker und des Establishments scheint die Illusion, die Menschen, die Völker und ihre Lenker könnten miteinander und seien zudem beliebig ersetzbar, fungibel, austauschbar, - die Ghettoisierung, die Grüppchenbildung der Menschen um kulturelle Identität herum völlig negierend - zu zerbrechen, während des laut ratternden Raffens der Maschinerie, welche das Geld der Vielen in die Kanäle der Wenigen spült.

Was mich nur wundert, ist - außer man denkt ans Verlustiggehen ihrer Privilegien und Pfründe -, dass es die Vertreter jenes Establishments wundert, sie sich empört zeigen darüber, dass es den Menschen, den ausgebeuteten Massen, der geschundenen Natur reicht, dass eben immer Weniger immer reicher werden im Zuge dieses globalen Imperialismus, auch bekannt als Globalisierung. Es ist eine Form der Globalisierung, in der lokale Kultur, die oft keineswegs ideal ist, ohne Rücksicht auf Verluste aufgebrochen und unter dem Titel "Demokratisierung und Menschenrechte" gewachsene Identität gebrochen wird, um sie zu öffnen. Und wofür? Um das Volk, die Menschen vor Ort, dem Westen zu öffnen, gefügig zu machen, und letztlich zu braven Konsumenten und Abnehmern der Produkte jener Konzerne des Westens (bis hin zu Waffenlieferungen) zu machen - wenn auch immer mehr über den Osten -, um alle Welt ins westliche Gesellschaftsmodell überzuführen, das, obwohl es vom "Moral High Ground" aus argumentiert alle Welt wissen lässt moralisch überlegen zu sein, selbst von Moral und Ethik nichts wissen will, befreit davon agiert, ganz dem Turbokapitalismus entspricht und ihm frönt. Die Chinesische Führung trägt dabei das Ihre dazu bei weltweit mitzumischen, nur eben auf ihre Art.

Warum es besser sein soll, anstatt von verachtenswerten nationalen Despoten von einem weltweit agierenden Geldadel, der auftritt, wie er auftritt, - ob er nun im Westen oder in Fernost in Palästen haust - auf Erden regiert zu werden, von einer verschwindend kleinen Clique, auch bekannt als Gewinner der Globalisierung, die durch den Wegfall der Grenzen in grenzenlos große Absatzmärkte einfällt und exorbitante Gewinne erzielt, die sie - anders als sie Verluste verstaatlicht - jedoch für sich behält, bunkert, nicht mehr durch Steuern ins Gesellschaftssystem einspeist, entzieht sich meinem Verständnis.

Denn das Argument des Establishments gegen systemische Schließung von Staaten, dass Protektionismus, Nationalismus und Kleinstaaterei zu Kriegen führe, zieht nicht, weil in dieser beschriebenen Globalisierung, die zu einer Gesellschaft der Gated Communities und Bunkern führt, zu einer Dystopie - wie in nicht überragenden Noir-Filmen - am Ende die Revolution lauert, der Krieg um Verteilungsgerechtigkeit. Also Krieg wartet in beiden Fällen am Ende, so eben auch in einer konzerngeleiteten globalisierten Welt-Gesellschaft, in der zwar erfolgreich alle Völker ihrer Kultur beraubt, vereinheitlicht, auf Linie gebracht wurden, auf Schiene, jedoch nur um dem Zug des Turbokapitalismus westlicher Façon zu folgen, ihm zu huldigen und die Wenigen, denen dieser Turbokapitalismus nützt, in ihren mahagoniverkleideten Vestibülen und Elfenbeintürmen auf Händen zu tragen.

Der Grund, warum ich überhaupt noch solch kritische Töne anklingen lassen darf, liegt wohl daran, dass noch Restbestände der freien Meinungsäußerung existieren, die dem jahrzehntelangen Glattschleifen des Geistes und Duckmäusern durch politische Korrektheit über etablierte Medien, zum Zwecke der Beschwichtigung der Massen und letztlich des Kleinhaltens der Kritik sowie der sinnbildlichen Eliminierung der Kritiker, standgehalten haben.

Die Medien und Experten, die nicht viel Mitgefühl und Verbindung zu den Menschen, für die sie angeblich sprechen, erkennen lassen, also nicht mit den Menschen - höchstens über vorselektierte Fokusgruppen, die ihre Vorurteile bestätigen - sondern bloß voreingenommen von ihrer Bubble aus über die Menschen sprechen, tragen das Ihre dazu bei und sorgen noch dazu für Spiele, bei immer knapper werdendem Brot, damit das Establishment konzerndienlich schalten und walten kann, bis zum Schlechterletzt, zum Gehtnichtmehr. Natürlich steigt auch die soziale Unruhe, weil der Prozess, dass Massen(jugend)arbeitslosigkeit in weiterer Folge nahtlos zu Kinderarbeit und Altersarmut für die übergroße Mehrheit führt, noch nicht ganz abgeschlossen ist, und sich wieder Widerstand regt - auch und gerade über schwer kontrollierbare Soziale Medien - nicht zuletzt, weil der Warnschuss der kleingeredeten Weltwirtschaftskrise mit Beginn 2007 - anstatt die Situation ernst zu nehmen - von den Eliten bewusst überhört und seitens des Establishments dazu übergegangen wurde nach Kräften weiterzumachen, wie gehabt.

Dass sich die Menschen, die Nationen, die Völker, die Kulturen, dagegen auflehnen, auf sich besinnen und beginnen sich wieder zu schließen, sich zu entflechten, der Ton weltweit rauer wird, wundert mich dabei nicht im geringsten, ist diese Entwicklung doch von Grund auf hausgemacht.

Systemischer Analyst und Philosoph
Dr. Dr. Immanuel Fruhmann

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